Hamburg Marathon 2008

Zwei Jahre lang hatte ich mir den Hamburg Marathon als Zuschauer angesehen und immer wieder die Leute bewundert, die tatsächlich 42,195 km am Stück laufen wollten. Jedes Jahr wurde der Wunsch größer einmal dieses Erlebnis aus der anderen sicht mit zu erleben, also als Läufer. tja und als es sich dann auch noch ergab, dass ich Anfang 2008 etwas mehr Zeit zum trainieren hatte, war der Entschluss gefasst, ich würde es in diesem Jahr wagen!!!

Mit Huili hatte ich auch schnell einen zweiten aus der Clique überzeugt, der mit mir das Projekt Marathon 2008 angehen wollte und als wir unseren Entschluss kund taten, fand sich mit Backs ein dritter Mutiger. Backs hatte schon etwas Erfahrung, was die Vorbereitung für einen Marathon angeht und so versorgte er uns zunächst einmal mit Trainingsplänen, welche eine 10-wöchige Vorbereitungszeit veranschlagten. Natürlich fingen wir alle schon vorher mit dem "Aufbautraining" an. Ich habe dann ab Januar auch jeden gelaufenen km protokoliert und hatte vor dem Marathon insgesamt 854 Trainingskilometer in den Beinen. Na ob das reicht?

Am 27. April war es dann soweit, Huili musste leider aufgrund von Rückenproblemen, aufgrund derer er schon den letzten Monat nicht richtig trainieren konnte auf einen start verzichten, aber Backs und ich wollte es angehen!!! Zum ersten Mal seit Wochen sollte ausgerechnet an diesem Tag das Thermometer die 20°C Marke deutlich überschreiten. Na, förderlich würde das sicherlich nicht sein. Aber nun dann frohen Mutes und mit allen nötigen Utensilien ausgestattet, machtet wir uns gegen 7:30 Uhr auf den Weg.

Ca. um 8:15 kamen wir dann im Startbereich an. Man, man, was ein Volk, wie und alle wollen mitlaufen? So und da Backs und ich keine Zeiten abgeben konnten, sollten wir uns auch noch in den letzten Startblock begeben. also wir mussten uns erst mal einen Überblick verschaffen und jetzt bekam ich dann doch so langsam ein wenig Angst!

Nützt nix, all die Trainingseinheiten sollen ja nicht umsonst gewesen sein. Also noch mal schnell in die Büsche verschwinden, und dann die letzten Startvorbereitungen treffen. So, bloß wo stellen wir uns an. Also ganz, ganz hinten war uns dann doch irgendwie ein wenig zu weit weg. Also ein nettes Lächeln an den Tag gelegt und der Kontrolle in der Starteinheit I zu verstehen gegeben, dass wir gerne in diesem Block starten würden, auch wenn wir für Startblock N vorgesehen waren. Kurz zur Aufklärung, als N bedeutete Zeiten von 5:30 und langsamer, I stand für 4:15 bis 4:30.

Tja, im block standen wir nun, aber es war noch lange nicht so weit, also warten. Oh Mist, die Nervosität steigt, also noch mal über die Absperrung und noch mal schnell in die Büsche. So und wieder rein uns weiter warten!!! Uhhhhh, noch kann ich aussteigen. Jemand singt die Nationalhymne und dann fangen alle von 10 an runter zu zählen und dann .... neee, nix da es geht los!!! Vorne vielleicht, aber für uns heißt es weiter warten. So, endlich nach mehr als 5 Minuten kommt auch in unseren Block langsam Bewegung, aber bis wir letztendlich die Startlinie überqueren sind schon ca. 12 Minuten vergangen. Egal, wir haben ja den Chip!!!!! Geiles Gefühl in der Masse und dann all die Zuschauer!!!

Mit über 18000 Mitstreitern über die Reeperbahn, weiter nach Altona und überraschender Weise kann schon auf den ersten km jeder sein Tempo laufen, denn es ist gar nicht so eng, wie wir erwartet hatten. Ok, es kommen immer mal wieder ein paar engere Stellen, aber es lässt sich doch recht frei laufen. Wir kommen am Altonaer Rathaus vorbei, laufen noch weiter bis hinter der A7, erreichen km 5, die erste Wasserstelle und nutzen diese auch gleich. Bei dem Wetter sollte man jede Station annehmen. Wir machen einen bogen und an der Elbe geht es zurück gen Landungsbrücken.

Tja und hier irgendwo bei km 7 passierte es schon. Backs wollte sich noch mal schnell erleichtern, was ich irgendwie völlig verpennt habe, bzw. nicht mitbekommen habe. Auf mal war er weg, hab dann noch versucht nach ihm Ausschau zu halten, aber jetzt war es wohl zu spät, denn um sich jetzt hier wieder zu finden, dazu war die Menge einfach zu groß. Na gut, also alleine weiter.

Km 11, die Landungsbrücken, strahlender Sonnenschein und die höheren Temperaturen machen sich jetzt schon bemerkbar. Habe hier auch noch kurz Nadja erkannt und ihr gesagt, sie solle mit am Jungfernstieg, dem nächsten ausgemachten Treffpunkt mitteilen, ob Backs noch hinter mir sei. Aber irgendwie kam dass wohl schon alles nicht mehr richtig an. Hier galt schon, volle Konzentration, gehe dein Tempo und lass dich nicht durch die Anfeuerungen der Zuschauer dazu verleiten zu schnell zu werden. Wahnsinn, über 800.000 Zuschauer sollen an der Strecke gewesen sein und erkennt man dann auch noch die eigenen Leute, da hilft nur eines Daumen hoch und dankbar sein für diese geile Unterstützung!!!

Bei km 15 am Jungfernstieg habe ich mich dann schon nur noch auf die Wasserstelle konzentriert und konnte nicht mehr nach unserer privaten Unterstützung Ausschau halten, so wusste ich noch immer nicht, ob Backs jetzt hinter oder vor mir ist. Zeit paßt, ich laufe im Schnitt 6 Minuten den km, bin inzwischen sogar gut 3 Minuten vorne. Einfach weiter laufen, noch ging es ja noch. Aber es wurde immer wärmer und so ab km 26 kam bei mir der erst richtige Hänger. Mensch Theilo, du hast im Training 30 km gepackt und jetzt willst du schon bei 26 einbrechen? Bis km 25 hatte ich fast 5 Minuten rausgelaufen, aber jetzt wurde es hart.

Bei km 27 standen sie dann wieder unsere persönlichen Fans. Klar, so wie der Mältzer mit dem Rad, so hätte ich es auch schaffen können. Aber laufen, also viel sagen konnte ich da nicht mehr, hier war ich echt kurz davor auszusteigen. ich sollte noch 15 km laufen? Niemals!!! Backs hingegen schien es noch zu genießen!!

Kämpfen hieß das Motto die nächsten ca. 4 km! Irgendwo bei km 30 wurde es dann wieder enger, die Zuschauer standen so dicht an der Strecke und feuerten jeden persönlich an. Komisch, aber dann war dann die Müdigkeit wie weggeblasen, alles lief wieder, man wurde hier wirklich von einer Welle der Begeisterung förmlich getragen. Das ging dann zumindest bei mir bis km 33 gut. Dann folge eine lange gerade breite Straße, an der auch nicht mehr so viele Zuschauer standen. So, aber jetzt sind es keine 10 km mehr, also Zähne zusammen beißen und weiter. Km 35 überraschender Weise bin ich noch immer gut 3,5 Minuten unter dem Schnitt. Aber jetzt wurde langsam jedes neue Kilometerschild sehnsüchtig erwartet. Bei km 37 warteten unsere Fans schon auf uns. Viele Läufer an denen wir jetzt vorbei liefen gingen nur noch, andere nutzten die Massagebänke, die jetzt immer häufiger am Rand auftauchten.

Schon bei km 30 habe ich die Verpflegungstationen nicht mehr im Laufschritt, sondern nur noch gehender Weise surchlaufen. Trinken, Essen und laufen, was bei km 25 noch ging, funktionierte jetzt nicht mehr. Aber aufgeben oder massieren lassen!!! Nein, weiter, bloß grad die ersten Laufschritte, nachdem man 200 oder 300 m gegangen war sind die härtesten!!!! Am Backs ist jetzt schon optimistisch, war ich doch zu schnell angegangen??

Die letzten km, jeder Schritt tut inzwischen weh. Aber jetzt hast du so lange dafür trainiert, jetzt kommst du auch durch und wenn du die letzten Meter gehst. So ging es mir auf alle Fälle. Kilometer 38, ok, du läuft jetzt bis km 39, dann gehst du nen Kilometer und dann versuchst du die letzten beiden wieder zu laufen, so mein Vorsatz. Bei Kilometer 39 stelle ich dann fest, dass ich noch gut 2 Minuten unter Schnitt bin. Also nee, jetzt willst du es auch schaffen bis Kilometer 40 deinen 6 Minuten Schnitt zu halten, also weiter. Los, Schritt für Schritt!!! Km 40 und noch immer knapp 2 Minuten unter Schnitt. Hey, wenn du jetzt die letzten 2 durchhälst, dann kannst du es schaffen. Also weiter. Km 41, noch immer knapp 2 vor der Zeit. Ohhh, wo bleibt das Ziel. Und dann ja, die Zielgerade im blick, bloß bohhh ist das noch weit. Die Zuschauer jubeln, ja, die letzten Meter. Das Schild km 42 und wie, dass ganze Stück sollen nur 195 Meter sein? Das ist mindestens noch ein Kilometer!!! Weiter!!! Und dann 50 Meter vor dem ziel, nur noch die Arme hochreißen und sich freuen. Hey und laut meiner Uhr sollte ich es so grad geschafft haben den 6 Minuten Schnitt zu halten. Wahnsinn!!!

Hier ein Blick auf die Zielgerade und Backs haben unsere Fans dann auch noch auf den letzten Metern erwischt!!!

Jaaaaaaa!!!!!! Geschafft, man es war hart, aber wir sind durchgekommen und wie!!!!! Beide unter 4:30, also wir haben uns zu Anfang in genau den richtigen Block gemogelt!!!! So und jetzt haben wir uns auch ein Bier verdient!!! Zunächst einmal Erdinger alkoholfrei um dem Körper ein paar Mineralien zurück zu geben.

So, und jetzt haben wir nicht nur unser Bier verdient, nein, jetzt können wir auch zu recht die Finisher T-Shirts überziehen, die uns feierlich überreicht wurden. also wir waren nicht nur dabei, nein, wir haben es auch bis zum Ende geschafft!!!! Großer Sport!!!!

Jetzt hatte ich 5 Wochen komplett auf Alkohol verzichtet (wenn man mal das Weizenbier, was mir ausgerechnet einen Tag zuvor im Alex mit Alkohol untergejubelt wurde) und ich hatte mich so sehr auf das erste richtige Bier nach dem Marathon gefreut, aber es schmeckte einfach nicht!!! Ich weiß nicht, keine Ahnung, vielleicht war ich zu fertig, vielleicht lag es an der Biersorte, aber es schmeckte nicht!!! Ich wollte dann auch nur noch nach Haus!

Also stolz bin ich schon, dass ich das geschafft habe und es war auch eine mehr als geile Erfahrung, aber noch mal? Also ich weiß nicht, jetzt so 4 Wochen danach, denke ich noch immer, dass es mein erster und einziger Marathon bleibt. Obwohl, ich muss zugeben, auch wenn ich direkt danach keine Treppenstufe mehr gehen konnte und mich wirklich nach Hause schleppen musste, blieb der große Muskelkater aus. Hat sich das Training wohl doch bezahlt gemacht:-)

Backs, ich kann nur noch mal sagen, ganz, ganz großer sport, aber wie gesagt, den nächsten wirst du wohl ohne mich laufen müssen!

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